Nachdem wir gestern das Geheimnis um das „A“ unserer ABS Bildungsplattform gelüftet haben, freue ich mich total :-), dass ich mit Annas Geschichte die erste Bildungsbiografie auf dieser Seite veröffentlichen darf! (Die bisher veröffentlichten findet ihr nach wie vor auf Siemsens Selbstlerner Community hier).
♥ Lasst Euch motivieren ♥
Name: Anna W.
„Baujahr“: 1988
Lerntyp: primär auditiv, mit Anteilen aus kommunikativ und haptisch (kommt auf die Aufgabe an ^^)
Arbeitsweise: (größtenteils) strukturiert, arbeite bei festen Deadlines mit Plänen für die Zeiteinteilung, Motivation kommt schubweise, arbeite nicht gern der Reihenfolge nach, sondern lieber nach dem, für was gerade Inspiration und Ideen da ist (kann mir diesen Luxus allerdings nicht immer leisten)
Begonnen hat mein Weg im Grunde ziemlich klassisch. Ich durchlief die Grundschule und nach einer Einstufungszeit in der fünften und sechsten Klasse, die bei uns Förderstufe hieß, bekam ich trotz eindeutiger Schwächen im MINT Bereich (die Vier in Mathe war Dauergast auf meinem Zeugnis) die Empfehlung fürs Gymnasium. Bis zur 11. Klasse zeichnete sich mein Weg immer klarer ab: Trotz immer größer werdender Lücken vor allem in Mathematik und den Naturwissenschaften (Der Bereich Informatik hingegen übte eine Art magische Anziehung auf mich aus: Hier konnte ich mit HTML, CSS und anderen Werkzeugen meiner Kreativität freien Raum lassen, eigene Webräume nach meinen Vorstellungen gestalten und andere an meiner Gedankenwelt teilhaben lassen) lief ich geradewegs aufs Abitur zu.
Was dann kam, riss mich ziemlich von den Füßen: Eine lebensbedrohliche Diagnose, die mich zwei Jahre schachmatt setzte. Nachdem ich der Krankheit erfolgreich den Mittelfinger gezeigt hatte, begann ich mit neuem Knochenmark auch eine neue Reise. Ich fing dabei wieder (fast) ganz von vorne an: Ich wiederholte die 10. Klasse am Gymnasium mit neuen Lehrern, neuen Mitschülern (meine alte Clique machte derweil ihr Abitur und verstreute sich über ganz Deutschland zum Studieren) und startete einen neuen Anlauf aufs Abitur.
Die große Preisfrage nach dem „Was will ich werden“ stellte sich mir nicht, denn seit meinem 10. Lebensjahr wusste ich, dass ich „Germanistin“ werden wollte (Mein Großvater hatte mir dies vorgeschlagen – auf meine Frage, was das sei, sagte er: „Da macht man etwas mit Sprache und Wörtern und Büchern“. Mein 10-jähriges Ich jubilierte, auch weil der Beruf „Germanistin“ für mich damals noch die gleiche „Handfestigkeit“ hatte wie „Bäcker“ oder „Schreiner“).
Es lief also auf ein Studium der Germanistik hinaus, nur die Frage nach dem Zweitfach blieb zu klären. Eigentlich wusste ich sehr genau, was ich machen wollte: Informatik als Zweitfach, denn die Computerlinguistik erschien mir als aufbauendes Studienfach wie für mich gemacht. Es gab zu diesem Zeitpunkt eine einzige Uni, die diese Kombination überhaupt anbot. Beim Blick in den Studienverlauf verging mir das Lachen jedoch schnell, als ich merkte, dass ich drei Mathescheine brauchte, um den Informatikabschluss zu bekommen. Ich und meine Angst vor Mathe und dem Durchfallen knickten ein. Und so wurde ich eine „simple“ Sprachwissenschaftlerin.
Während des Studiums merkte ich allerdings zunehmend, dass sämtliche Berufszweige, die man „klassischerweise“ als Germanistin ansteuern kann, mir entweder nicht lagen oder mich allein der Gedanke daran schlichtweg in Panik versetzten. Semester um Semester und Praxisseminar um Praxisseminar schloss ich so einen Berufsweg nach dem anderen für mich aus.
Bis zu meinem Praktikum in der Pädiatrischen Logopädie. Hier konnte ich Ansätze aus meinem Studium anwenden und zeitgleich Menschen in ihrer sprachlichen Entwicklung unterstützen. Es fühlte sich fantastisch an und ich nahm mir vor, nach Beendigung meines Studiums diese Richtung weiter zu verfolgen. Leider kosten Ausbildungen in Heilberufen oft eine ganze Menge Geld, da man diese meist an privaten Schulen durchführt. Dieses Geld hatte ich nicht und ich fand auch keine Stelle, die es mir zur Verfügung stellen wollte. Das „Draufsatteln“ des Masters in Sprachwissenschaften auf meinen Abschluss erschien mir daher ein wenig wie ein Aufschieben um weitere zwei Jahre, in denen ich mich mit einem der Berufswege „anfreunden“ konnte.
Stattdessen wurde mir jedoch immer klarer, dass nichts davon, weder das Verlagswesen, noch Journalismus in jedweder Ausprägung mich glücklich machen würden. Auch eine wissenschaftliche Karriere schloss ich weitgehend für mich aus; allein beim Gedanken an die Seminare und Vorlesungen, die ich dann würde halten müssen, wurde mir übel. In meiner Verzweiflung wünschte ich mir sogar, dass meine Talente irgendwo anders lägen – egal wo, nur nicht im sprachlichen Bereich.
Das Gespräch beim Arbeitsamt kurz nach meinem Abschluss war ernüchternd. Ich solle mich darauf einstellen, dass mich mit meinem Abschluss (trotz Einser-Schnitt) nirgendwo eine Stelle finden werde, erst recht nicht hier im Umkreis. Ich saß ziemlich geknickt im Campus Café, als mich der Betreuer meiner Abschlussarbeit ansprach und mir vorschlug, meine Promotion bei ihm zu schreiben und das Thema meiner Masterarbeit zu vertiefen. Nach dem Tiefschlag beim Arbeitsamt erschien mir das wie ein Rettungsanker. Eine bezahlte Stelle konnte er mir zwar auch nicht anbieten, doch er war zuversichtlich, dass ich mit meinem Promotionsthema ein Stipendium erhalten könnte.
Doch auch hier machte mir das liebe Geld einen Strich durch die Rechnung. Beziehungsweise die Zeit. Oder die Kombination aus beidem. Das Geld auf meiner „hohen Kante“ reichte definitiv nicht mehr aus, um die Zeit zu überbrücken, in der ich ein Exposé schreiben, einreichen und ein Gremium über meine „Würdigkeit“ für ein Stipendium entscheiden würde. Also machte ich mich, das Gespräch mit dem Arbeitsamt dauernd im Hinterkopf, auf die Suche nach einer Stelle. Nach einigen Absagen stieß ich schließlich auf eine Anzeige meiner Alma Mater, die eine Sprachwissenschaftlerin zur Konstruktion eines Sprachtests suchte.
Und so kam ich zur ersten Stelle meines Lebens. Meine Hauptaufgabe bestand dabei in der Neugestaltung eines Tests, mit dem Studierende prüfen konnten, ob sie wissenschaftliches Deutsch schreiben konnten. Diesen Test gab es zwar schon, allerdings auf Papier und er war etwas umständlich durchzuführen. Ich krempelte die Ärmel hoch und packte den Test in die uni-eigene Lernplattform. Dabei erinnerte ich mich wieder, wieviel Spaß ich früher am digitalen Erstellen und Programmieren hatte. Die Sprachstandsermittlung (liebevoll SSE abgekürzt) wurde mein erstes „Baby“.
Doch wie das so ist mit wissenschaftlichen Zeitverträgen: Sie sind und bleiben befristet. Mein Arbeitsvertrag ließ zudem weder eine Verlängerung zu, noch sah sich meine damalige Vorgesetzte in der Lage, eine Lösung mit mir zu finden. Meine Rettung kam in Gestalt von Sabine: Sie hatte nach einigen Monaten an meiner Alma Mater beschlossen, nicht auf das Ende ihres Zeitvertrages zu warten und hatte den Arbeitgeber gewechselt. Sie konzipierte dort die Ausrichtung einer überbetrieblichen Ausbildung auf Digitalisierung neu und wollte eine Lernplattform dafür, die mit neugestalteten Materialien befüllt werden sollte.Ich bewarb mich und kam zum zweiten Job meines Lebens.
Diesen habe ich auch heute noch, auch wenn sich mein Kompetenz- und Tätigkeitsfeld ein wenig gewandelt hat. Das was ich tue, beschreibe ich am liebsten mit „E-Learning Specialist“: Ich konzipiere digital-didaktische Umsetzungen von Inhalten, setze sie (teilweise mit programmierten Anpassungen) in den entsprechenden Autorentools um, erstelle dafür teils die nötigen Grafiken oder Videos, spreche Audiodateien ein und administriere anteilig die Lernplattform.
Dies ist definitiv nicht der Job, den ich mit 10 im Kopf hatte (oder auch mit 20, 25 oder 30 …), wenn ich sagte, dass ich Germanistin bin, aber ich habe das Gefühl, hier, als e-Learning Specialist, habe ich „meine“ Nische gefunden.
Von daher: HAPPY (aber bestimmt nicht das) ENDE
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